BFG: Keine Verlängerung der Verjährungsfrist bei unbestimmten Amtshandlungen

Verlängerungshandlungen Verjährung

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Dr. Benjamin Twardosz, LL.M.

Dr. Benjamin Twardosz, LL.M.

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  • Das BFG stellt einen strengen Maßstab an die Verzögerung der Verjährung durch das Finanzamt.
  • Um die Verjährungsfrist zu verlängern, muss die Abgabenbehörde eine auf den konkreten Abgabenanspruch bezogene Amtshandlung setzen.
  • Allgemeine Maßnahmen zur Geltendmachung von Abgabenansprüchen genügen nicht zur Verlängerung der Verjährungsfrist.


Rechtlicher Hintergrund

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen verjährt gemäß § 207 Abs 1 und 2 BAO in der Regel innerhalb von fünf Jahren. Die Verjährung beginnt in der Regel mit Ablauf des Jahres (31.12.), in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (§ 208 BAO).

Unternimmt die Abgabenbehörde innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen, so verlängert sich die Verjährungsfrist aber um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Dadurch kann sich die Verjährungsfrist bis zur absoluten Verjährung von zehn Jahren (§ 209 Abs 3 BAO) verlängern.

Entscheidend für die Verjährung ist daher die Auslegung des Begriffes „nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches“. Damit setzte sich jüngst das BFG auseinander (BFG 18. 3. 2022, RV/7105826/2017).

Sachverhalt

Im Jahr 2010 erwarben mehrere Personen Anteile an einer Liegenschaft. Anfang 2011 wurde die Grunderwerbsteuer selbst berechnet. Mitte Dezember 2015 erstellte das zuständige Finanzamt einen Grundbuchsauszug und druckte die Kaufverträge aus der Urkundensammlung des Grundbuchs aus. Am gleichen Tag übermittelte das Finanzamt unter Angabe einer Abgabenkontonummer ein allgemein gehaltenes Ersuchen an die Projektgesellschaft mit der Bitte um Bekanntgabe der Käufer und des Standes der (End-)Abrechnungen. Ende 2016 setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer abweichend von der Selbstberechnung fest. Dagegen wurde Beschwerde erhoben.

Entscheidung des BFG

Nach Ansicht des BFG war das Recht zur Festsetzung der Grunderwerbsteuer bereits Ende 2015 verjährt. Weder die Grundbuchsabfrage oder der Ausdruck der Kaufverträge noch die Anfrage an die Abgabepflichtige waren „nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches“.

Der VwGH hatte schon zu Firmenbuchabfragen die Ansicht vertreten, dass diese die Verjährungsfrist nicht verlängern können (vgl VwGH 7. 9. 2006, 2006/16/0041). Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH setzt die Verlängerungswirkung die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruchs voraus (vgl VwGH 28. 3. 2014, 2010/16/0176).

Auch das Ersuchen an die Projekt-GmbH Ende 2015 stellte nach Ansicht des BFG keine die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlung dar, weil das Ersuchen keinerlei Bezug zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruchs aufwies. Im konkreten Fall war nicht einmal erkennbar, dass die Anfrage die Grunderwerbsteuer betrifft, sie hätte auch Umsatzsteuer oder Ertragsteuern betreffen können.

Es reicht nicht aus, dass sich eine Handlung im Nachhinein betrachtet als „auch“ für den von der belangten Behörde letztlich mit Bescheid geltend gemachten Abgabenanspruch als geeignet erweist (BFG 18. 3. 2022, RV/7105826/2017mit Verweis auf VwGH 7. 9. 2006, 2006/16/0041, und VwGH 17. 5. 2001, 2000/16/0602). Es muss im Vorhinein erkennbar sein, welcher Abgabenanspruch geltend gemacht wird, damit Amtshandlungen überprüft werden können und mit Ablauf der Verjährung Rechtsfriede eintreten kann (vgl VwGH 4. 9. 2008, 2007/17/0222).

Ergebnis

  • Allgemeine Anfragen des Finanzamts reichen nicht aus, um die Verjährung zu verlängern, auch wenn sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass diese der Geltendmachung eines konkreten Abgabenanspruchs dienlich waren.
  • Für den Abgabepflichtigen muss erkennbar sein, welchen Abgabenanspruch (Abgabenart, Abgabenzeitraum) die Abgabenbehörde geltend machen will.
  • Die Beweislast für das Vorliegen einer Verlängerungshandlung liegt bei der Abgabenbehörde: Nur solche Handlungen verlängern die Verjährung, die aus dem Akt nachweisbar sind.
  • Daher sollte bei Bescheiden, die nach Ablauf von fünf Jahren nach Entstehung des Abgabenanspruches erlassen werden, stets auch geprüft werden, ob sich die Verjährungsfrist überhaupt verlängert hat.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Prüfung von Bescheiden.