Betriebsausgabenabzug bei Nennung von Scheinunternehmen als Empfänger der Zahlungen

Autor

Dr. Benjamin Twardosz, LL.M.

Dr. Benjamin Twardosz, LL.M.

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Immer häufiger verweigern Abgabenbehörden den Betriebsausgabenabzug mit der Begründung, dass der bekannt gegebene Empfänger ihrer Ansicht nach ein Scheinunternehmen sei. Dabei wird der Begriff des „Scheinunternehmens“ sehr weit interpretiert. Der Beitrag beleuchtet die Risiken und möglichen Argumente vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung (VwGH 3.12.2021, Ra 2019/13/0074).

Zweck von § 162 BAO

Wenn ein Abgabepflichtiger beantragt, dass Aufwendungen abgesetzt werden, so kann die Abgabenbehörde nach § 162 BAO verlangen, dass er die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen.

§ 162 BAO dient dem Ziel, Besteuerungskomponenten, die sich bei einem Abgabepflichtigen steuermindernd auswirken, beim Empfänger korrespondierend steuerlich zu erfassen (VwGH 2.3.1993, 91/14/0144; 28.5.1997, 94/13/0230; 21.12.1999, 94/14/0040; 9.3.2005, 2002/13/0236). Die Empfängerbenennung dient somit der abgabenrechtlichen Überprüfung von Wirtschaftskreisläufen und der Erforschung der tatsächlichen Gegebenheiten und der tatsächlichen Berücksichtigung der materiellen Wahrheit.

"Empfänger" der Zahlungen

Es reicht allerdings nicht aus, irgendeinen Empfänger zu nennen. Nach der Rechtsprechung des VwGH kann „[d]ie bloße Nennung einer falschen oder beliebigen Person, oder die Namhaftmachung einer nicht existenten GmbH, […] die zwingende Versagung der Anerkennung der Aufwendungen nicht verhindern“. Gleiches gilt „[…] für die Nennung einer Firma in einer Steueroase oder einer Briefkastengesellschaft, bei der es sich um ein Unternehmen handelt, das keinen geschäftlichen Betrieb hat und deswegen keine Leistung erbringen kann“ (vgl VwGH 18.10.2017, Ra 2015/13/0054; vgl auch VwGH 17.11.2005, 2001/13/0247).

Hingegen bietet die Bestimmung keine generelle Handhabe dagegen, dass Aufwendungen geltend gemacht werden, die vom Empfänger nicht ordnungsgemäß versteuert werden.

„Empfänger“ ist nach der Rechtsprechung „derjenige, mit welchem der Steuerpflichtige in eine rechtliche Beziehung tritt, also der der Vertragspartner ist“ (vgl VwGH 1.6.2006, 2004/15/0066; 14.10.2010, 2008/15/0124) und die Leistung erbracht und die Gegenleistung empfangen hat, die die Steuerbemessungsgrundlage mindern soll (vgl VwGH 14.10.2010, 2008/15/0124).

Als „Scheinunternehmen“ iSd § 162 BAO ist ein Unternehmen dann einzustufen, wenn dieses Unternehmen tatsächlich keine Gegenleistung an das zahlende Unternehmen erbracht hat. Dabei sind zwei Varianten zu unterscheiden, in denen der Zahlungsempfänger keine Leistung erbracht hat:

Die erste Variante besteht darin, dass an den Abgabepflichtigen überhaupt keine Leistung erbracht wurde. Zu dieser Fallgruppe gehören die Fälle, in denen der Abgabepflichtige einen Betrag an ein Scheinunternehmen überweist und in der Regel in seine Sphäre ein bestimmter oder der ganze Betrag zurückfließt.

Die zweite Variante umfasst Fälle, in denen zwar eine Leistung erbracht wurde, der Zahlungsempfänger sich aber von dem tatsächlichen Leistungserbringer unterscheidet. Der Zahlungsempfänger leitet dann den Betrag an den tatsächlichen Leistungserbringer weiter.

Erst die Bezeichnung des „echten/tatsächlichen“ Empfängers, welcher die Gegenleistung tatsächlich erbracht hat, ermöglicht die Absetzbarkeit der Betriebsausgaben (VwGH 13.11.1985, 84/13/0127; 11.7.1995, 91/13/0154).

Scheinunternehmen

Nach der Rechtsprechung des BFG sind folgende Merkmale für ein Scheinunternehmen typisch (BFG 5.9.2016, RV/7103234/2011 mit Verweis auf BFG 6.8.2015, RV/7102818/2012):

  • Unauffindbarer ausländischer Geschäftsführer bzw Geschäftsführer ohne Wohnsitz im Inland (vgl dazu BFG 17.2.2017, RV/6100318/2014);
  • dubiose Geschäftsanbahnung;
  • Nichtabführung von Steuern und Sozialversicherung;

wobei die Unauffindbarkeit und Unbekanntheit der Personen an den in der Rechnung aufscheinenden Adressen in der Regel das wichtigste Kriterium war.

Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Abgabepflichtige die genauen Umstände des Kennenlernens bzw der Kontaktaufnahme zum Empfänger der Zahlungen benennt (BFG 18.6.2018, RV/7103208/2013).

Sind diese Kriterien nicht erfüllt, so handelt es sich nicht um ein Scheinunternehmen. Ob der Empfänger die erhaltenen Zahlungen ordnungsgemäß versteuert hat, ist daher nicht allein entscheidend.

Einer pauschalen und unbegründeten Behauptung, dass eine tatsächlich existente GmbH nicht Empfängerin der Zahlungen sei, erteilte der VwGH eine Absage: Wenn es sich zweifellos um eine rechtlich existente Gesellschaft mit beschränkter Haftung handelt, ist der Vorwurf, diese sei nicht Empfänger, und die Zahlungen seien weitergeleitet worden, mangels weitergehender Feststellungen nicht begründet (vgl VwGH 18.10.2017, Ra 2015/13/0054).

Wenn es sich bei einem Subunternehmen um eine – rechtlich existente – Gesellschaft mit beschränkter Haftung handelt, wird mit Feststellungen, wonach „an einer Vielzahl der angegebenen Anschriften keine Hinweise auf eine tatsächliche Geschäftstätigkeit gefunden werden“ konnten, und dem Hinweis darauf, dass „zwischen den Musterzeichnungsunterschriften und den gegenüber der (Revisionswerberin) abgegeben Unterschriften“ regelmäßig Diskrepanzen bestehen, noch nicht dargetan, dass das besagte Subunternehmen als „Briefkastengesellschaften“ (bloße Kombination einer Zustellanschrift mit einer Firmenbezeichnung), zu qualifizieren ist (vgl VwGH 18.10.2017, Ra 2015/13/0054; vgl auch VwGH 19.12.2007, 2005/13/0030).

Selbst wenn es sich beim Zahlungsempfänger aber um ein Scheinunternehmen handeln sollte, können die Beträge aber nach der Rechtsprechung unter bestimmter Voraussetzungen dennoch abgesetzt werden:

Sorgfaltspflichten

Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Einhaltung von Sorgfaltspflichten. Es dürfen dem Steuerpflichtigen nach der Rechtsprechung nämlich keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden. „Offenbar unerfüllbar“ sind derartige Aufträge dann, wenn eine unverschuldete, tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliegt. Es darf nicht in der Macht des Steuerpflichtigen gestanden haben, die tatsächlichen Umstände, die ihn an der Bezeichnung der Empfänger hindern, abzuwenden (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2016/13/0041, mwN).

In seiner Entscheidung vom 13.11.2019, Ra 2018/13/0107, führte der VwGH aus, dass allgemeine Aussagen des BFG darüber, dass es sich beim Baugewerbe um eine Risikobranche handle, bei der erhöhte Sorgfalt beim Eingehen von Geschäftsbeziehungen zugrunde zu legen sei, Feststellungen zu den diesbezüglichen Gepflogenheiten in der Baubranche nicht ersetzen könnten (vgl VwGH 13.11.2019, Ra 2018/13/0107).

In einer weiteren Entscheidung legte der VwGH fest, dass es Aufgabe der Abgabenbehörde ist, Erhebungen zur der Frage vorzunehmen, ob und inwieweit es in der Baubranche – und zwar im zu behandelten Zeitraum – üblich war, durch Aufsuchen der Geschäftslokalitäten zu prüfen, ob der jeweiliger Subunternehmer an der im Firmenbuch angeführten Adresse tatsächlich seinen Sitz gehabt habe (vgl VwGH 17.11.2020, Ra 2020/13/0064).

Der VwGH betonte in seiner Entscheidung vom 27.11.2020, Ra 2018/13/0059, dass die Abgabenbehörde die Verletzung der Sorgfaltspflichten durch den Abgabepflichtigen ausreichend begründen muss (vgl VwGH 27.11.2020, Ra 2018/13/0059).

In der jüngsten Entscheidung des VwGH in dieser Frage wurde bestätigt, dass ein Abgabepflichtiger bei der Gestaltung seiner Geschäftsbeziehungen Sorgfaltspflichten einzuhalten hat (VwGH 3. 12. 2021, Ra 2019/13/0074 mit Hinweis auf VwGH 27.11.2020, Ra 2018/13/0059). Hat sich ein Abgabepflichtiger in Geschäftsbeziehungen eingelassen, nach deren Gestaltung ihm eine den Anforderungen nach § 162 BAO entsprechende Nennung der Zahlungsempfänger nicht möglich war, geht dies im Grunde des § 162 BAO zu seinen Lasten (VwGH 3. 12. 2021, Ra 2019/13/0074 mit Verweis auf VwGH 9.3.2005, 2002/13/0236).

Ergebnis

Abgabenbehörden versuchen häufig durch die pauschale Behauptung, der Empfänger sei ein Scheinunternehmen, die Absetzbarkeit von Aufwendungen zu bestreiten. Eine solche pauschale Behauptung ist bei einem Unternehmen, das die Leistung tatsächlich erbracht hat, jedoch nicht zulässig, selbst wenn dieses Unternehmen Schwarzarbeiter beschäftigt oder andere Abgaben nicht bezahlt. Selbst wenn der Zahlungsempfänger ein Scheinunternehmen ist, sind die Zahlungen an dieses Unternehmen außerdem steuerlich absetzbar, wenn der Abgabepflichtige die Einhaltung der branchenüblichen Sorgfaltspflichten hinsichtlich des Grundsatzes „know you supplier“ nachweisen kann. Wir empfehlen daher die Einhaltung dieser Sorgfaltspflichten zu dokumentieren und beraten Sie gerne dazu.