Neue Spielregeln für Crowdfunding in der EU

ECSP-VO

Besonders bei neu gegründeten und innovativen Unternehmen, allen voran Start-ups und Ventures, erfreut sich das Crowdfunding im Bereich der Kapitalfinanzierung immer größerer Beliebtheit und stellt mittlerweile eine attraktive Alternative zu Bankkrediten dar. Doch nicht nur im Bereich der Unternehmensfinanzierung ist Crowdfunding im Vormarsch, vielmehr setzen auch private Anleger mangels rentabler Alternativen vermehrt auf verschiedene Formen des Crowdinvesting.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass nun auch die EU Initiative ergriffen hat und mit der EU Crowdfunding Service Provider Verordnung (ECSP-VO) auf Unionsebene eine gesetzliche Regelung erlassen hat. In Kraft treten wird diese mit 10.11.2021, weshalb sich bestehende Crowdfunding Plattformen in den kommenden zwölf Monaten um die rechtzeitige Schaffung der erforderlichen Unternehmensprozesse und Zulassungen kümmern müssen. Aber was wird die neue Verordnung überhaupt regeln?

Europäischer Pass

Zentraler Eckpfeiler der ECSP-VO ist der sogenannte Europäische Pass, der es Crowdfunding-Plattformen ermöglichen wird Crowdfunding mit bestimmten definierten Instrumenten unionsweit (einigermaßen) unkompliziert anzubieten. Voraussetzung für den Europäischen Pass ist die erfolgreiche Absolvierung eines Konzessionierungsprozesses bei der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA), die in Österreich für die aufsichtsrechtliche Zulassung zuständig sein wird. Nach derzeitigem Recht muss sich ein Crowdinvest-Unternehmen noch für jedes Land, in dem es tätig sein möchte, eine eigene Konzession holen. Hierzu gibt es in Österreich für Crowdfunder seit 2015 das Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG), das auch weiterhin neben der ECSP-VO bestehen wird.

Konzessionsvoraussetzungen

Der Konzessionierungsprozess erinnert an die Zulassung als Wertpapierfirma und sieht zum Teil strenge Anforderungen vor. Aufgrund der Tatsache, dass Rechtsträger mit dieser Konzession Dienstleistungen erbringen, die Wertpapierfirmen oder zum Teil auch Banken vorbehalten sind, überrascht dies nicht.

Im Folgenden sollen deshalb die wesentlichen Voraussetzungen und benötigten Unterlagen kurz skizziert werden:

- Schwarmfinanzierungsdienstleister dürfen nur in der Rechtsform einer juristischen Person tätig werden.
- Es sind Geschäftspläne und interne Unternehmensprozesse vorzulegen, die sicherstellen, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
- Die Geschäftsleiter müssen neben ihrer fachlichen Qualifikation auch ihre persönliche Zuverlässigkeit darlegen sowie einschlägige Erfahrung vorweisen (fit & proper).
- Schwarmfinanzierungsdienstleister müssen regulatorische Sicherheiten in Höhe von mindesten EUR 25.000 oder einem Viertel der jährlich überprüften fixen Gemeinkosten des Vorjahres vorweisen.
- Bei der Anmeldung müssen geeignete Unternehmensprozesse, anhand derer die Plattform ihren Informations- und Transparenzpflichten nachkommen kann, vorgelegt werden.
- Der Betreiber muss eine Beschreibung des Risikomanagements- und Rechnungslegungsverfahrens vorlegen.

Vorteile der Konzession

Insbesondere große “Player“, die international agieren wollen, werden von dieser EU-Konzession profitieren. Neben der Zulassung in allen 27 Mitgliedsstaaten bringt die Konzession auch andere Vorteile mit sich:

- Das Angebotsvolumen ist auf EUR 5 Millionen pro Projekt begrenzt und somit, im Vergleich zum inländischen AltFG mit nur 2 Millionen, deutlich höher.
- Der Kreis an Instrumenten, die für Crowdfunding im Sinne der Verordnung in Frage kommt, ist dabei weiter als nach dem AltFG. So ist europäisches Crowdfunding bloß auf übertragbare Wertpapiere nach der MiFID II RL (zB Aktien, Anleihen und verbriefte Genussscheine), Kreditvermittlung und sonstigen für Schwarmdienstleistungen zugelassenen Instrumente limitiert. Letzteres bezieht sich auf GmbH-Anteile, die keinen effektiven Übertragungsbeschränkungen unterliegen, wodurch Anteile an einer österreichischen GmbH nicht umfasst sind.

In diesem Zusammenhang sind auch qualifizierte Nachrangsdarlehen zu nennen, die sich gerade im deutschsprachigen Raum besonderer Beliebtheit erfreuen. Diese fallen ebenso nicht unter die neue Verordnung.

- Durch die Erstellung eines sog. Anlagebasisinformationsblattes ist es dem Schwarmdienstleister möglich, Projekte unionsweit anzubieten. Dieses ähnelt dem Informationsblatt nach dem AltFG, geht inhaltlich aber über dieses hinaus, weil es auch die Darlegung der Hauptrisiken erfordert. Eine Prüfung dieses Informationsblattes hat durch die Plattform selbst zu erfolgen. Vor dem Hintergrund einer potentiellen Haftung sollten sowohl der Projektträger, als auch die Plattform auf eine „faire, klare und nicht irreführende“ Darstellungen im Sinne der ECSP-VO achten.

Alles in allem ist die neue Verordnung vor allem für größere Plattformen relevant, die internationaler agieren wollen. Allerdings besteht keine Pflicht für Marktteilnehmer ihr Geschäftsmodell gemäß der EU-Verordnung konzessionieren zu lassen. Dadurch wird sichergestellt, dass kleine Plattformen auch weiterhin am Markt überleben können und große Plattformen bei der Expandierung innerhalb der EU keine Steine in den Weg gelegt werden.

Details und nähere Ausführungen werden noch in europäischen Level-II-Rechtsakten geregelt und anschließend vom nationalen Gesetzgebern umgesetzt werden müssen. Daher sind mit der ECSP-VO Ungewissheiten verbunden, die sich im Laufe der nächsten zwölf Monate aufklären werden. Insgesamt ist die neue Verordnung zu begrüßen und könnte neuen Schwung in den Kapitalmarkt bringen.

Bei Fragen laden wir Sie herzlich ein mit Ihrem lokalen CERHA HEMPEL Betreuer Kontakt aufzunehmen. Wir freuen uns, Sie zu beraten.