Gesellschaftsrechtliche Digitalisierungsgesetz 2023- Disqualifikation von Geschäftsführern

Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht hätte das Jahr eigentlich nicht ereignisreicher beginnen können. Die Einführung der Flexiblen Kapitalgesellschaft, kurz „FlexCo“, hat quantitativ die mediale Berichterstattung dominiert. Es verwundert daher wahrscheinlich nicht, dass die nicht minder relevanten Bestimmungen über die Sanktionierung von strafrechtlich verurteilten Vertretungsorganen von Kapitalgesellschaften fast unbemerkt in Kraft getreten sind:

Die Regelungen des Gesellschaftsrechtlichen Digitalisierungsgesetz 2023 gelten seit 01. Jänner 2024 und sind auf die GmbH, FlexCo, AG, SE und Genossenschaft anwendbar. Die neuen Regelungen normieren die Disqualifikation von Geschäftsführern und Vorständen, die wegen bestimmter, wirtschaftsnaher Strafdelikte rechtskräftig verurteilt werden bzw worden sind. Mit der Novelle wurde nun Art 13i der Richtlinie (EU) 2019/1151 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 umgesetzt. Die in Art 13i normierte Ausübungsschranke hat einerseits den Schutz des Geschäftsverkehrs und andererseits den Schutz der Allgemeinheit vor disqualifizierten Vertretern zum Ziel.

Gründe für die Disqualifikation

Die Richtlinie selbst enthält keine näheren Vorgaben, welche Tatbestände eine Disqualifikation nach sich ziehen sollen. Damit blieb es den Mitgliedsstaaten überlassen zu bestimmen, welche genauen Tatbestände eine Disqualifikation legitimieren. Um ein hohes Maß an Rechtssicherheit zu gewährleisten, ist die Rechtsfolge nur für bestimmte rechtskräftige, strafgerichtliche Verurteilungen vorgesehen. Der Deliktskatalog in § 15 Abs 1a GmbHG umfasst insbesondere, jedoch nicht ausschließlich, folgende Delikte:

  • Betrug (§ 146 StGB),
  • Untreue (§ 153 StGB), Geschenkannahme durch Machthaber (§ 153a StGB), Förderungsmissbrauch (§ 153b StGB), Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung (§ 153c StGB), Betrügerisches Anmelden zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (§ 153d StGB), Organisierte Schwarzarbeit (§ 153e StGB),
  • Betrügerische Krida (§ 156 StGB),
  • Schädigung fremder Gläubiger (§ 157 StGB),
  • Begünstigung eines Gläubigers (§ 158 StGB).

Darüber hinaus müssen die strafgerichtlichen Verurteilungen zu einem relevanten Delikt die Erheblichkeitsschwelle von sechs Monaten Freiheitsstrafe übersteigen. Erfasst sind gem § 15 Abs 1b GmbHG auch ausländische Verurteilungen wegen einer vergleichbaren strafbaren Handlung durch ein ausländisches Gericht.

Rechtsfolgen einer Disqualifikation

Die Rechtsfolge der Disqualifikation tritt ex lege ein, sodass es keiner zusätzlichen behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung bedarf. Sobald folglich ein rechtskräftiges Urteil zu den oben erwähnten Delikten mit einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten vorliegt, besteht ein materielles Hindernis zur Bestellung bzw weiteren Ausübung. Zudem wurde die Rücktrittsmöglichkeit des Geschäftsführers um § 16a Abs 3 GmbHG erweitert, sodass dieser in Fällen des § 15 Abs 1a oder 1b GmbHG verpflichtet ist, seinen Rücktritt unverzüglich zu erklären. Dieser wird nach Ablauf von 14 Tagen wirksam, wodurch der Gesellschaft genügend Zeit eingeräumt wird, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen.

Die Disqualifikation endet drei Jahre nach Rechtskraft der Verurteilung. Nach Ablauf dieser Frist kann die betroffene Person wieder zum Vertretungsorgan bestellt werden.

 

Folgen für das firmenbuchgerichtliche Verfahren

Grundsätzlich sind Disqualifikationen amtswegig zu beachten, sodass Anträge auf Bestellung einer disqualifizierten Person zum Vertretungsorgan abzuweisen sind. Zu diesem Zweck findet bei jeder relevanten Verurteilung ein automationsgestützter Abgleich der Strafkarte mit dem Firmenbuch statt, um festzustellen, ob die verurteilte Person als Vertretungsorgan im Firmenbuch eingetragen ist. Darüber hinaus wird zukünftig wohl bei Bestellung eine Erklärung des zu bestellenden Geschäftsführers/Vorstands beizubringen sein, wonach dieser bestätigt, dass keine derartige Verurteilung gegen ihn vorliegt.

Fazit

Die vorstehenden Regelungen schaffen erstmals eine sogenannte „Cooling-Off“ Periode für Vertretungsorgane, die zum Schutz der Allgemeinheit bzw des Dritten die Bestellung zum Vertretungsorgan an eine „wirtschaftliche Unbescholtenheit“ knüpfen. Diese haben Einfluss auf die tägliche Praxis hinsichtlich Geschäftsführer bzw Vorstandsbestellungen.