DAOS als neue globale Organisationsform

DAOs

Der Anwendungsbereich der Blockchain-Technologie erweitert sich stetig, so etwa um die sogenannten „DAOs“. DAO steht für Decentralized Autonomous Organization. Üblicherweise ist damit eine dezentralisierte, autonom agierende Organisation gemeint, die auf vielen miteinander interagierenden Smart Contracts basiert. Sie ermöglicht – ähnlich wie gewöhnliche Gesellschaftsformen – ein organisiertes Zusammenwirken von Personen im Rahmen eines vorab festgelegten Handlungssystems.

Prominente DAO-Projekte, die kürzlich in den Medien kursierten, sind etwa die Constitution DAO, die nahezu 47 Millionen Dollar eingesammelt hatte um eine seltene Kopie der US-Verfassung zu erwerben, oder die AssangeDAO, die fast 56 Millionen Dollar generierte, um die Befreiung des WikiLeaks-Gründers Julian Assange zu unterstützen.

Die Idee hinter der DAO als Organisationsform

Eines der bekanntesten DAO-Projekte war die von Jentzsch ins Leben gerufene The DAO. Einer seiner Beweggründe hinter der Schaffung einer dezentralisierten und automatisierten Organisation war es, sich nicht mehr auf einen Menschen als Geschäftsführer oder Verantwortlichen verlassen zu müssen. Außerdem sollten die „Gesellschafter“ bzw die Kapitalgeber eine ganz entscheidende Rolle spielen, wenn Entscheidungen über das eingebrachte Vermögen getroffen werden. Das ist aber nur einer der vielen Vorteile dieser Organisationsform.

Funktionsweise einer DAO

Die Infrastruktur einer DAO gründet im Wesentlichen auf einer Vielzahl miteinander verknüpfter Smart Contracts, die auf der Blockchain abgelegt werden. Smart Contracts werden genutzt, um die automatische Ausführung vorab definierter Abläufe, die als Wenn-Dann-Bedingungen festgelegt sind, zu ermöglichen. Tritt ein vordefiniertes Ereignis – wie etwa die Zahlung eines Kaufpreises – ein, wird ein – ebenfalls vorab festgelegter – Vorgang, wie etwa die Erfüllung des Vertrages, automatisch ausgeführt. Durch die Ablage der Smart Contracts auf der Blockchain ist sichergestellt, dass die automatisierten Regeln nahezu unveränderbar und öffentlich einsehbar sind.

Mithilfe eines Programmcodes werden – ähnlich wie bei einem Gesellschaftsvertrag – Eckpunkte zur Organisation, wie etwa Teilnehmerrechte, sowie Preis und Anzahl der Anteile an der DAO, eine Mindesthöhe an aufzubringendem Kapital (creation goal) und ein Zeitraum, in dem dieses Ziel erreicht werden muss (creation phase), bestimmt.

Investoren können durch Übersendung eines Kaufpreises (idR in Form einer Kryptowährung wie Ether) Anteile an der DAO in Form von Token erwerben. Diese Token vermitteln Eigentümer- und Stimmrechte und sind frei übertragbar. Die Tätigkeit einer DAO besteht im Wesentlichen in der Verwaltung der aufgebrachten finanziellen Mittel, die entsprechend der vorab definierten Regeln verwendet werden. Tokeninhaber können auch aktiv an Entscheidungen über die Kapitalverwendung mitwirken.

Rechtliche Einordnungsprobleme

Aufgrund der Neuartigkeit dieser Organisationsform gibt es in den meisten Ländern (noch) keinen speziellen Regelungsrahmen und es gibt viele ungeklärte Rechtsfragen. In der österreichischen Literatur wird die DAO überwiegend unter dem Gesellschaftsform-Auffangtatbestand der Gesellschaft bürgerlichen Rechts subsumiert, sodass ihr keine Rechtsfähigkeit zukommt. Dies birgt beispielsweise die Gefahr der unbeschränkten Haftung der „Gesellschafter“ gegenüber Gläubigern.

Unklar ist auch, welches Recht auf die DAO anwendbar ist, weil sie keinen „Sitz“ im herkömmlichen Sinne hat; sie „sitzt“ eben auf der Blockchain und damit dezentralisiert. Selbst wenn man aber zu einem anwendbaren Recht gelangen würde, stellt sich das Problem, dass eine DAO mangels Rechtsfähigkeit selbst nicht parteifähig ist, und daher weder selbst klagen, noch geklagt werden kann. Lediglich die Tokeninhaber selbst könnten belangt werden, jedoch werden diese oftmals nicht auffindbar sein.

Wyoming als Vorreiter

Eine Vorreiterrolle zur Schaffung eines eigenen Rechtsrahmens hat der US-Bundesstaat Wyoming eingenommen, der erst kürzlich ein Gesetz erlassen hat, das die Gründung und Verwaltung von DAOs reglementiert. Die Entwicklung in Österreich und Europa bleibt abzuwarten. Angesichts steigender Beliebtheit und zahlreicher damit einhergehenden – weitgehend unbeantworteten – Rechtsfragen, erscheint es aber unerlässlich, dass der Gesetzgeber tätig wird. Außerdem könnte es der DAO dadurch ermöglicht werden, abseits der Blockchain (rechtsgeschäftlich) zu handeln. Bis dato bedarf es für das Tätigwerden in der analogen Welt noch eines Vermittlers beziehungsweise Treuhänders.

Autoren:
Marcus Lusar, LL.M., BSc., Associate
Clara Sator, LL.M., Junior Associate