Ein Joint Venture entsteht, wenn zwei oder mehr rechtlich selbständige Unternehmen eine eigenständige Projektgesellschaft gründen, um ein bestimmtes Vorhaben gemeinsam zu realisieren. Klassisch ist die fünfzig‑zu‑fünfzig‑Struktur: Jeder Partner hält die Hälfte der Anteile und verfügt über eine Sperrminorität bei allen wesentlichen Beschlüssen. Das schützt vor Alleingängen, erhöht jedoch das Risiko, dass verhärtete Positionen zu einem Stillstand führen.
Ein Deadlock liegt vor, wenn die Gesellschafter sich bei einer geschäftskritischen Entscheidung nicht einigen können und dadurch das operative Geschäft oder sogar die Zukunft des Joint Ventures gefährdet ist. Typische Auslöser sind Großinvestitionen, Budgetfreigaben, hochrangige Personalentscheidungen oder die Aufnahme zusätzlicher Finanzierungen. Ohne Einstimmigkeit darf nichts umgesetzt werden – das Unternehmen steckt fest.
Bei dieser Klausel versiegelt jeder Gesellschafter ein Preisgebot, zu dem er entweder sämtliche Anteile des Partners kaufen oder seine eigenen verkaufen würde. Nach Öffnung der Umschläge muss der Höchstbietende den vollen Kaufpreis binnen dreißig Kalendertagen auf ein Treuhandkonto einzahlen. Erfüllt er die Frist, ist der Unterlegene verpflichtet, seine Anteile zum gebotenen Preis zu übertragen. Kommt die Einzahlung nicht rechtzeitig, dreht sich das Spiel um – der zuvor Unterlegene darf seinerseits zu seinem Angebotspreis zugreifen. Das Verfahren belohnt Marktgängigkeit und Liquidität und verhindert taktische Tiefstgebote.
Der initiierende Gesellschafter legt in einem unwiderruflichen Schreiben einen festen Preis je Anteil fest. Der Mitgesellschafter hat zehn bis fünfzehn Werktage Zeit, zu entscheiden, ob er seine Anteile zu diesem Preis verkauft oder alle Anteile des Offerierenden zu exakt denselben Konditionen erwirbt. Reagiert er nicht fristgerecht, gilt er automatisch als Verkäufer. Hinterlegt die kaufende Partei den Preis nicht binnen dreißig Tagen, kehrt sich der Mechanismus um – der andere Partner darf zum Mindestpreis zugreifen. Die scharfe Logik zwingt beide Seiten zu realistischen Bewertungen.
Sobald der Mechanismus ausgelöst wird, beauftragt jeder Partner einen unabhängigen Transaktionsberater, legt binnen weniger Tage ein erstes verbindliches Kaufangebot vor und hinterlegt eine Kaufpreissicherheit. In raschen Bietrunden überbieten sich die Parteien, bis einer aussteigt oder eine vorab definierte Obergrenze erreicht ist. Der Höchstbietende erwirbt sämtliche Anteile; versäumt er die Zahlungsfrist, springt der Unterlegene zum finalen Preis ein. Varianten wie die Dutch Auction (fallender Preis) oder die Chinese Auction (aufsteigende Gebote) verfolgen dasselbe Ziel: den Deadlock final durch den Exit eines Partners aufzulösen.
Der Austrian Sit‑Out verfolgt einen defensiven Ansatz: Er akzeptiert, dass ein Beschluss vorerst nicht gefasst wird, anstatt einen Gesellschafter zum Ausstieg zu zwingen. Kommt eine Entscheidung trotz zweier ordnungsgemäß einberufener Sitzungen des Joint‑Venture‑Ausschusses nicht zustande, wird die Angelegenheit an die oberste Leitungsebene der Partner eskaliert. Treffen sich die Top‑Manager innerhalb von vier Wochen und finden ebenfalls keine Einigung, gilt der Antrag als abgelehnt und darf nicht umgesetzt werden. Das Joint Venture arbeitet im bisherigen Rahmen weiter.
Texas Shoot‑Out, Russian Roulette und Mexican Stand‑Off beenden Deadlocks häufig durch den Exit eines Partners. Der Austrian Sit‑Out geht einen anderen Weg: Er akzeptiert die Ablehnung als vorläufige Entscheidung, lässt beide Gesellschafter an Bord und verschafft Zeit, um Positionen zu überdenken. Für Joint Ventures, in denen die Partner langfristig kooperieren wollen oder regulatorisch gebunden sind, kann dieser Mechanismus den entscheidenden Unterschied machen.