Taxonomy und ihre Auswirkung auf die Immobilienbranche

Taxonomy Immobilien

Die Verordnung (EU) 2020/852

Die Verordnung (EU) 2020/852 (Taxonomy-VO) ist bereits im Sommer 2020 in Kraft getreten, doch erst jetzt (21.04.2021) hat die EU-Kommission die erste Durchführungsverordnung auf Basis der Taxonomy-VO erlassen, die am 1. Jänner 2022 in Kraft treten wird. Diese enthält technische Bewertungskriterien zu zwei der sechs Umweltziele der Taxonomy-VO, nämlich "Klimaschutz" und "Anpassung an den Klimawandel".

Zwar richtet sich die Taxonomy-VO vornehmlich an das Baugewerbe, doch auch Investoren und Finanzunternehmen sind (gewollt) mittelbar betroffen und müssen daher, wenn sie nachhaltige Produkte anbieten darauf achten, dass Immobilienvestments auch Taxonomy-konform sind.

Im Immobilienbereich sind vor allem die folgenden Aktivitäten betroffen: die Neuerrichtung von Immobilien und die Renovierung bestehender Immobilien. Nach dem derzeit vorliegenden Entwurf der Durchführungsverordnung (die endgültigen Fassungen wurden noch nicht veröffentlicht) müssen neu errichtete Gebäude zB den Schwellenwert, der für die Anforderungen an ein Niedrigstenergiegebäude festgesetzt wurde, um 10% übersteigen. Die Durchführungsverordnung enthält noch weitere technische Anforderungen, auf die wir in einem neuen Beitrag zu diesem Thema vertieft eingehen werden.

Damit müssen sich Investoren, Entwickler aber auch Finanzunternehmen bereits jetzt mit den Anforderungen an nachhaltige Immobilienprojekte auseinandersetzen und bei Ankauf oder Finanzierung von Immobilieninvestments im Rahmen ihrer Due Diligence Prüfungen nun auch die Einhaltung der Anforderungen der Taxonomy-VO prüfen, wenn sie mit ökologisch nachhaltigen Veranlagungen werben.

Wir berichten wieder mit Details, sobald die endgültige Fassung der Durchführungsverordnung zu den Umweltzielen "Klimaschutz" und "Anpassung an den Klimawandel" veröffentlicht wurde. In der Folge stellen wir einen kurzen Überblick über die Systematik der Taxonomy-VO dar.

Das Real Estate Team von CERHA HEMPEL steht Ihnen für alle Fragen im Zusammenhang mit nachhaltigen Investments vor allem auch im Ankaufsprozess und bei der Gestaltung von Immobilientransaktionen jederzeit gerne zur Verfügung.

Taxonomy: Allgemeiner Überblick

An wen richten sich die Regelungen der Taxonomy-Verordnung?

Die übergeordnete Zielsetzung der Taxonomy-Verordnung ist die Bildung eines einheitlichen Systems zur Klassifikation für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zur Schaffung eines „Nachhaltigen Finanzwesens“. "Grüne" Wirtschaftsaktivitäten werden vereinheitlicht und transparent definiert.

Die Taxonomy-VO deckt die Wirtschaftsaktivitäten einiger Sektoren ab, welche gemeinschaftlich für rund 93,5% der Treibhausgasemissionen innerhalb der EU verantwortlich sind. Darunter fällt neben dem verarbeitenden Gewerbe, dem Verkehr und Lagerei, der Landwirtschaft und dem Energiesektor auch das Baugewerbe. Damit wirkt sich die Taxonomy-VO unmittelbar auch auf Immobilien-Transaktionen aus und wird die Zukunft dieses Bereiches wesentlich determinieren.

Die Vorschriften der Taxonomy-VO richten sich dabei an Finanzmarktteilnehmer, die Finanzmarktprodukte in der EU anbieten, an große Kapitalgesellschaften, die eine nichtfinanzielle Erklärung gem § 243b UGB erstellen müssen, sowie die EU und sämtliche Mitgliedsstaaten.

Einheitliches Klassifikationssystem für nachhaltige Investitionen

Wird eine Investition in einem der genannten Wirtschaftssektoren getätigt, gilt diese gem Art 3 Taxonomy-VO nur dann als nachhaltig, wenn sie

  1. einen wesentlichen Betrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer Umweltziele leistet,
  2. nicht zu einer bestimmten erheblichen Beeinträchtigung eines oder mehrerer Umweltziele führt,
  3. unter Einhaltung des festgelegten Mindestschutzes ausgeübt wird und
  4. den technischen Bewertungskriterien entspricht.

Die ersten drei Voraussetzungen bilden dabei das Rahmenwerk und werden in der Taxonomy-VO selbst definiert. Die detaillierten technischen Kriterien (Punkt 4.) werden von der EU-Kommission im Rahmen delegierter Rechtsakte erlassen (Durchführungsverordnungen). Damit eine Investition als ökologisch nachhaltige wirtschaftliche Aktivität gilt, müssen alle vier Voraussetzungen kollektiv erfüllt sein.

1. Wesentlicher Beitrag zu einem oder mehreren der sechs Umweltziele (Art 9 – 15 Taxonomy-VO)

Essentiell ist in dieser Hinsicht zunächst, dass die wirtschaftliche Aktivität einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele des Art 9 TaxonomyVO erfüllt. Diese Umweltziele sind:

  • Klimaschutz,
  • Anpassung an den Klimawandel,
  • nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling,
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie
  • Schutz gesunder Ökosysteme.

Die Art 10 – 15 Taxonomy-VO konkretisieren, wann eine Wirtschaftstätigkeit einen „wesentlichen Betrag“ zu einem der sechs Umweltziele leistet.

2. Grundsatz „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen“ (Art 17 Taxonomy-VO)

Darüber hinaus darf eine wirtschaftliche Aktivität dem Grundsatz „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen“ eines der Umweltziele (Do No Significant Harm, DNSH) nicht zuwiderlaufen. Kriterien, wann eine wirtschaftliche Aktivität ein Umweltziel erheblich beeinträchtigt, enthalten Art 17 Taxonomy-VO sowie die delegierten Rechtsakte für die einzelnen Sektoren.

3. Einhaltung des festgelegten Mindestschutzes (Art 18 Taxonomy-VO)

Zudem ist die Einhaltung des in Art 18 Taxonomy-VO enthaltenen Mindestschutzes einzuhalten. Dabei sind insbesondere Menschen- und Arbeitnehmerrechte einzuhalten. Die Taxonomy-VO verweist diesbezüglich auf die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte.

4. Erfüllung der technischen Bewertungskriterien (Durchführungsverordnungen)

Last but not least müssen auch die technischen Bewertungskriterien erfüllt sein, welche von der EU-Kommission in Form von delegierten Rechtsakten (Durchführungsverordnungen zur Taxonomy-VO) für jedes der festgelegten Umweltziele festgelegt werden. Diese delegierten Rechtsakte ergänzen bzw. präzisieren die übrigen drei Voraussetzungen. Die technischen Bewertungskriterien erfüllen somit zwei Aufgaben:

Zum einen legen sie detailliert fest, unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine bestimmte Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Betrag zu einem bestimmten Umweltziel leistet. Zum anderen normieren sie Kriterien, nach welchen von einer erheblichen Beeinträchtigung eines bestimmten Umweltziels auszugehen ist.

Der delegierte Rechtsakt, der die Umweltziele „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ inhaltlich konkretisiert, wurden am 21. April 2021 von der EU-Kommission beschlossen. Diese Bewertungskriterien gelten ab dem 1. Jänner 2022. Die Kriterien für die restlichen vier Umweltziele sollen bis Ende 2021 angenommen werden und sollen ab dem 1. Jänner 2023 gelten. Eine Evaluierung und gegebenenfalls Überarbeitung der Bewertungskriterien soll mindestens alle drei Jahre von der EU-Kommission durchgeführt werden.

Transparenzvorschriften für Finanzmarkteilnehmer und große Kapitalgesellschaften

Darüber hinaus haben die von der Taxonomy-VO erfassten Akteure – dh Finanzmarktteilnehmer sowie die großen Kapitalgesellschaften, die § 243b UGB unterliegen – bestimmte Transparenzvorschriften einzuhalten. Gem Art 5 Taxonomy-VO müssen bei Finanzprodukten, die eine nachhaltige Investition anstreben, folgende Informationen offengelegt werden:

  • Informationen über das bzw die erfassten Umweltziele, zu dessen bzw deren Erreichung die dem Finanzprodukt zugrundeliegende Investition beiträgt und
  • eine Beschreibung, wie und in welchem Umfang die dem Finanzprodukt zugrundeliegenden Investitionen solche in Wirtschaftstätigkeiten sind, die als ökologisch nachhaltig einzustufen sind.

Bei Finanzprodukten, die nicht als nachhaltig qualifiziert werden, ist gemäß Art 7 Taxonomy-Verordnung eine Klausel aufzunehmen, wonach die zugrundeliegende Investition nicht die EU-Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten erfüllt.

Schaffung von Reflexionsplattformen

Als dritte Säule sieht Art 20 Taxonomy-VO die Errichtung einer Plattform für nachhaltige Finanzierung vor, die sich aus Vertretern der Europäischen Umweltagentur, der Europäischen Aufsichtsbehörden, der Europäischen Investitionsbank und –fonds und sonstigen Sachverständigen zusammensetzen soll. Dieser Plattform kommt eine Beratungs-, Analyse- und Unterstützungsfunktion zu und sie kann gegebenenfalls einschreitend tätig werden und der EU-Kommission Änderungsvorschläge unterbreitet.