Die EU Gebäuderichtlinie 2024

Autor

Mag. Mark Krenn

Mag. Mark Krenn

CV | E-Mail

Mit der neuen EU-Gebäuderichtlinie setzt die Europäische Union einen entscheidenden Schritt in Richtung eines klimaneutralen Gebäudebestands. Die am 24. April 2024 verabschiedete Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden ersetzt die bisherige Fassung aus dem Jahr 2010 und muss bis spätestens 24. April 2026 in nationales Recht umgesetzt werden.

Das Ziel ist klar formuliert: Der Gebäudesektor – verantwortlich für rund 40 % des Endenergieverbrauchs und mehr als ein Drittel der energiebedingten Treibhausgasemissionen – soll durch umfassende Maßnahmen energieeffizienter, dekarbonisiert und digitalisiert werden.

Im Zentrum steht der Begriff des Nullemissionsgebäudes. Solche Gebäude weisen einen äußerst geringen Energiebedarf auf, der vollständig durch erneuerbare Energien gedeckt wird – entweder direkt vor Ort durch Photovoltaikanlagen oder in unmittelbarer Nähe, etwa durch geothermische Nahwärme. Künftig sollen Gebäude aktiv am Energiesystem teilnehmen, beispielsweise durch Energiespeicherung oder netzdienliches Verhalten.

Ab dem 1. Jänner 2028 müssen Neubauten öffentlicher Einrichtungen als Nullemissionsgebäude errichtet werden. Für alle Neubauten – Wohn- und Nichtwohngebäude – wird dieser Standard ab dem 1. Jänner 2030 verpflichtend.

Auch der Gebäudebestand wird erfasst: Die energetisch schlechtesten 16 % der bestehenden Nichtwohngebäude müssen bis 2030 saniert werden, bis 2033 sind es bereits 26 %. Für Wohngebäude gelten Reduktionsziele beim Primärenergieverbrauch: mindestens 16 % bis 2030 und mindestens 20 bis 22 % bis 2035. Mindestens 55 % der Einsparungen sollen dabei auf die schlechtesten Effizienzklassen entfallen.

Alle Mitgliedstaaten sind verpflichtet, umfassende Renovierungspläne zu erstellen – inklusive Etappenzielen, Zeitplänen und Angaben zu Finanzierung und technischer Unterstützung. Zentrale Rolle spielen sogenannte One-Stop-Shops für Eigentümer.

Ein wichtiger Aspekt ist der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen: Ab 2025 dürfen keine Förderungen für fossile Heizkessel mehr gewährt werden. Ab 2040 ist deren Einsatz vollständig untersagt. Auch die Nutzung von Solarenergie wird forciert: Ab 2027 gilt eine Solarpflicht für neue öffentliche und größere Nichtwohngebäude; ab 2030 für alle Neubauten.

Neu ist der Fokus auf graue Emissionen – jene Emissionen, die bei Herstellung, Errichtung und Entsorgung von Gebäuden entstehen. Ab 2028 wird für neue Gebäude mit über 1.000 m² eine Lebenszyklusanalyse Pflicht, ab 2030 für alle Neubauten.

Auch die Digitalisierung wird gestärkt: Der Smart-Ready-Indikator misst künftig die digitale Reife von Gebäuden. Zudem sollen größere Neubauten mit Ladepunkten für E-Fahrzeuge und ausreichend Fahrradstellplätzen ausgestattet sein.

Die Reform der Energieausweise bringt mehr Transparenz: Einheitliche EU-weite Skala von A bis G, zusätzliche Klasse A-Plus für Plusenergiehäuser, Angaben zu CO2-Emissionen und ein Renovierungspass mit individuellem Sanierungsfahrplan.

Ausnahmen gelten für Baudenkmäler, Kleinstgebäude, temporäre Bauten und bestimmte gewerblich genutzte Gebäude – jedoch nur bei Unzumutbarkeit einer energetischen Nachrüstung.

Fazit:
Die EU verfolgt mit dieser Richtlinie das Ziel, den Gebäudebestand bis 2050 vollständig zu dekarbonisieren. Die Kombination aus klaren Vorgaben, sozialem Ausgleich, technischer Unterstützung und Digitalisierung markiert einen Wendepunkt in der europäischen Baupolitik.