Anfechtungsansprüche nach der IO sind abtretbar!

Anfechtungsansprüche nach der IO sind abtretbar!

In Rahmen einer mit Spannung erwarteten Entscheidung hatte der OGH (17 Ob 6/19k) erstmals über die Zulässigkeit einer Abtretung von Insolvenzanfechtungsansprüchen zu entscheiden - und diese bejaht! Mit diesem Ergebnis, das als richtungsweisend und nicht minder überraschend zu bezeichnen ist, hat der OGH entgegen der bisherigen Ansicht in Österreich Klarheit geschaffen.

Komprimierte Sachverhaltsdarstellung

Im konkreten Fall schloss die C-GmbH (Schuldnerin), über deren Vermögen zuerst ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eingeleitet wurde, welches später in ein Konkursverfahren abgeändert wurde, mit der nunmehrigen Beklagten Frau R (Anfechtungsgegnerin) bereits vor Eröffnung des Sanierungsverfahrens einen Kaufvertrag über drei Liegenschaften ab. Der Insolvenzverwalter vereinbarte mit Zustimmung des Gläubigerausschusses einen entgeltlichen Abtretungsvertrag, nach dem sämtliche bekannte und unbekannte Forderungen der Schuldnerin gegenüber der Beklagten an die G-GmbH zediert wurden. Die G-GmbH (Klägerin) meldete im Insolvenzverfahren der Schuldnerin keine Insolvenzforderung an. Die klagende Partei begehrte nun von der Beklagten die Zahlung von € 471.745,27 (u.a. Kaufpreis der Liegenschaften) bzw. hilfsweise die Aufhebung des Kaufvertrags wegen Nichtigkeit und stützte ihr Klagebegehren hierbei auf § 28 Z 3 iVm § 32 IO.

Wesentliche Rechtsfrage

Die konkrete Rechtsfrage, mit der sich der OGH in dieser Entscheidung zu befassen hatte, handelt von der Zulässigkeit der Abtretung von Insolvenzanfechtungsansprüchen. Die Klägerin machte einen zedierten Anfechtungsanspruch geltend, wogegen die Beklagte einwandte, dass Insolvenzanfechtungsansprüche nicht zulässig zediert werden könnten und die klagende Partei somit nicht aktivlegitimiert sei.

Praktische Relevanz

Die praktische Relevanz der genannten Frage lässt sich leicht darstellen: Durch die Möglichkeit, Anfechtungsansprüche zu verwerten, kann das Insolvenzverfahren erheblich beschleunigt werden, was eine Kostenersparnis für die Insolvenzmasse zur Folge hat. Zudem ist es dem Insolvenzverwalter oft zur Schonung der Masse beziehungsweise bei Massearmut nicht möglich, teure Anfechtungsprozesse zu führen, weshalb die Abtretung des Anfechtungsanspruchs aus wirtschaftlicher Sicht vorteilhafter ist. Weiters trägt nicht die Insolvenzmasse, sondern ein Dritter – der Zessionar – das Prozessrisiko und im Falle eines Obsiegens auch das Risiko der Einbringlichkeit.

Verfahrensausgang

Die meisten Stimmen der Lehre führten das Anfechtungsmonopol des Insolvenzverwalters als Argument gegen eine zulässige Abtretung an, da es sich hierbei um eine höchstpersönliches Recht handeln soll. Diese Höchstpersönlichkeit stehe gemäß § 1393 S 2 ABGB einer rechtmäßigen Zession entgegen.

Der OGH sieht dies nunmehr anders und argumentiert, dass das Anfechtungsrecht vom Insolvenzverwalter im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger auszuüben ist, woraus aber keine Höchstpersönlichkeit und kein Abtretungsverbot abgeleitet werden kann. Der Insolvenzverwalter kann darüber hinaus über das Anfechtungsrecht frei disponieren, insbesondere auch durch Verzicht und Vergleich. Gerade bei Massearmut sei das Interesse der Gesamtheit der Gläubiger durch die Abtretungsvereinbarung gewahrt, da zumindest ein gewisser Betrag in die Masse fließt.

Zukünftige Entwicklung?

Es wird sich zeigen, inwiefern die Zulässigkeit der Abtretung von Insolvenzanfechtungsansprüchen die Arbeitspraxis von Masseverwaltern verändern wird. Insolvenzverwalter können nun – mit Gewissheit über die geltende Rechtslage – Insolvenzanfechtungsansprüche abtreten und auf diesem Weg Vermögen für die Insolvenzmasse lukrieren. Gerade in Fällen, in denen Massearmut herrscht, wird diese Möglichkeit wohl von erheblicher Bedeutung sein. Ob sich ein echter „Markt“ für solche Abtretungen entwickeln wird, ist eher zu bezweifeln, da die Abtretung von Insolvenzanfechtungsansprüchen vermutlich die Ausnahme bleiben wird.

Thomas Trettnak / Marcus Lusar