Prüfungsanerkennung – Anerkennungsverordnung nach § 78 Abs 1 UG 2002 steht individueller Anerkennung nicht grundsätzlich entgegen

Feststellungsantrag Anerkennungsverordnung Prüfungsanerkennung

VwGH 20.12.2019, Ra 2019/10/0093

Die Medizinische Universität Wien hatte für UmsteigerInnen von einem alten auf ein neues Curriculum eine sogenannte Anerkennungsverordnung gemäß § 78 Abs 1 UG erlassen, nach der für bestimmte Fächer des alten Curriculums eine bestimmte Art der Anrechnung im neuen Curriculum geregelt wurde. Die Revisionswerberin beantragte nun „die Anerkennung aller offenen Studienplanpunkte“ des neuen Studiums auf Basis der bereits im alten Studium absolvierten Studienplanpunkte sowie die Feststellung, dass alle Studienplanpunkte des ersten bis sechsten Semesters des Diplomstudiums Humanmedizin (neu) anerkannt bzw. absolviert worden seien. Diese spezifizierte die Revisionswerberin in einer tabellarischen Gegenüberstellung näher.

Entgegen dem Bundesverwaltungsgericht kam der VwGH zu dem Ergebnis, dass in einer Anerkennungsverordnung nicht erfasste Prüfung sehr wohl einer individuellen Anerkennung zugänglich sind. Folglich hätte die Medizinische Universität Wien bzw. in weiterer Folge das Verwaltungsgericht prüfen müssen, inwieweit hinsichtlich der nicht von der Verordnung umfassten Prüfungen Gleichwertigkeit im Sinne des Gesetzes vorliegt. Damit erwies sich die Abweisung des Anerkennungsantrages als rechtswidrig.

Zur Frage der Zulässigkeit des Feststellungsbescheids beschränkt sich der VwGH darauf festzuhalten, dass ein Rechtsanspruch auf Feststellung der hier strittigen Rechtsverhältnisse besteht. Dies freilich nur, wenn andere Möglichkeiten, die Rechtsfrage zu klären nicht vorhanden oder nicht zumutbar sind. Ob dies gegeben war oder nicht, hat das Verwaltungsgericht nicht untersucht, weshalb die Zurückweisung des Feststellungsantrags inhaltlich rechtswidrig war.

Fazit: Universitäten, die Anerkennungsverordnungen erlassen, können sich den Aufwand einer individuellen Anerkennung nur dann ersparen, wenn sie tatsächlich alle Prüfungen abschließend in der Anerkennungsverordnung regeln. Für alle jene Prüfungen, die in der Anerkennungsverordnung nicht geregelt sind, ist weiterhin Raum für eine individuelle Anerkennung.