Starke Treuepflichten für GmbH-Gesellschafter und Syndikatspartner

GmbH Treuepflicht Syndikatsvertrag Aufsichtsrat Treuwidrigkeit

6 Ob 155/20t

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 6 Ob 155/20t – CERHA HEMPEL war am Verfahren beteiligt – wichtige Aussagen zur Treuepflicht unter GmbH-Gesellschaftern, die durch einen Syndikatsvertrag verbunden sind, getroffen.

Die Entscheidung behandelt einen Gesellschafterstreit, der sich an der Besetzung des Aufsichtsrats einer GmbH entzündete. Dem 32%-Minderheitsgesellschafter einer GmbH stand gemäß Syndikats- und Gesellschaftsvertrag die Entsendung eines Aufsichtsratsmitglieds zu, wobei das entsandte Aufsichtsratsmitglied wiederum ein Veto-Recht in wichtigen Angelegenheiten der Gesellschaft hatte.

Im Zuge eines Konzernumbaus des Minderheitsgesellschafters wurde die 32%-Beteiligung an eine andere Konzerngesellschaft übertragen; dadurch ging das Entsendungsrecht in den Aufsichtsrat formal – und unbeabsichtigt – verloren. Der Mehrheitsgesellschafter benützte dies Jahre später, um in der Generalversammlung die Abberufung des entsandten Aufsichtsratsmitglieds durch Mehrheitsbeschluss herbeizuführen. Dadurch sollte das Veto-Recht ausgehebelt werden.

Dagegen richtete sich die Klage des Minderheitsgesellschafters, der letztlich vor dem OGH recht bekam: Der Mehrheitsgesellschafter habe die Entsendung auch noch dem formalen Wegfall des Entsendungsrechts über einen Zeitraum von 13 Jahren akzeptiert und damit einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Insgesamt hätten die Gesellschafter fast 36 Jahre lang friktionsfrei zusammengearbeitet. In einer solchen Situation sei es dem Mehrheitsgesellschafter nicht gestattet, nach juristischen Mitteln und Wegen zu suchen, um den Syndikatspartner zu entmachten und auszubooten.

Gibt es nur zwei Gesellschafter und regeln diese ihre wechselseitigen Rechte und Pflichten auch noch im Rahmen eines Syndikatsvertrag, so sei nämlich davon auszugehen, dass die Rücksichtnahmepflichten und somit auch die Treuepflichten – insbesondere im Verhältnis Gesellschafter zu Gesellschafter – stark ausgeprägt sind. Diese Treuepflicht der Gesellschafter gebiete auch bei der Ausübung des Stimmrechts in der Generalversammlung eine angemessene Berücksichtigung der Interessen der Mitgesellschafter. Ein Beschluss mit dem Ziel der Entmachtung eines langjährigen Geschäftspartners sei somit treuwidrig und damit nichtig.

Im Ergebnis ist die Aufsichtsratsmitgliedschaft des vom Minderheitsgesellschafter entsandten und durch Beschluss der Generalversammlung treuwidrig abberufenen Aufsichtsratsmitglieds somit weiterhin aufrecht.