GmbH: OGH erlaubt Schutz gegen die Insolvenz des Mit-Gesellschafters durch Aufgriffsrechte

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Aufgriffsrechte

Wie weit können sich Gesellschafter einer GmbH gegen das Risiko der Insolvenz eines Mitgesellschafters schützen?

Lange Zeit war unklar, ob die Vereinbarung von Aufgriffsrechten im Gesellschaftsvertrag einer GmbH zulässig ist, die an die Insolvenz eines Gesellschafters anknüpfen: Tritt der Aufgriffsfall – also die Insolvenz eines Gesellschafters – ein, haben nach einer solchen Klausel die übrigen Gesellschafter des Recht, den Anteil des insolventen Mitgesellschafters zu erwerben. Die Motivation einer solchen Regelung liegt auf der Hand: bevor ein Unbekannter – nämlich zunächst der Insolvenzverwalter und in weiterer Folge ein Dritter, der den Anteil des insolventen Gesellschafters vom Insolvenzverwalter kauft – den Geschäftsanteil des insolventen Gesellschafters übernimmt, sollte der Anteil eher von einem anderen der bereits bestehenden Gesellschafter gekauft werden können. Die Gesellschafter können dadurch „unter sich“ bleiben.

In der Praxis wird eine solche Aufgriffsklausel gerne mit einer Regelung garniert, nach der die Aufgriffsberechtigten den Anteil des insolventen Gesellschafters zum Buchwert oder zumindest mit einem deutlichen Abschlag auf den Verkehrswert erwerben dürfen.

Für Verunsicherung in der Praxis sorgte zuletzt (2019) eine Entscheidung des OLG Linz, nach der anwendbares Insolvenzrecht aus Gründen des Gläubigerschutzes die Festsetzung eines Aufgriffsrechts für den Fall der Insolvenz eines GmbH-Gesellschafters im GmbH-Gesellschaftsvertrags generell verbietet.

Diese überschießende Entscheidung wurde nunmehr erfreulicher Weise durch den OGH in einer Entscheidung vom 6. 9. 2020 (6 Ob 64/20k) korrigiert. Anlassfall war die Neufassung eines Gesellschaftsvertrags. Vorgesehen war in der Neufassung eine Klausel, mit welcher im Falle der Insolvenz eines Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern ein Aufgriffsrecht zustünde. Der Kaufpreis für den Geschäftsanteil sollte für die übrigen Gesellschafter den begutachteten Wert (Verkehrswert) mit einem Abschlag von 20% betragen. Die Konsequenz der beabsichtigten Klausel wäre naturgemäß, dass sich die Insolvenzmasse durch den Abschlag des Kaufpreises um 20% gemindert hätte und somit auch die Gläubiger weniger erhalten hätten.

Der OGH hat nun die von der Praxis dringend benötigten Klarstellungen getroffen:

- Aufgriffsrechte sind auch für den Insolvenzfall gültig, solange zum Gläubigerschutz das freiwillige Ausscheiden und das Ableben eines Gesellschafters einerseits sowie die Exekution bzw. die Insolvenz andererseits als Fälle des Aufgriffsrechts gleichbehandelt werden.
- Eine Abfindungsbeschränkung unter dem Verkehrswert des Geschäftsanteils ist nur dann zulässig, wenn diese sowohl das freiwillige Ausscheiden als auch das unfreiwillige Ausscheiden des Gesellschafters betrifft.
- Die rechtliche Grenze dieser Möglichkeit ist die von vornherein verfolgte sittenwidrige Absicht der Gläubigerschädigung

Diese Entscheidung eröffnet also zukünftigen GmbH-Gründern ausreichend Spielraum, um das Eindringen „uneingeladener Gäste“ in den Gesellschafterkreis zu verhindern.

Freilich: Dass eine Abfindungsbeschränkung unter den Verkehrswert des Anteils in den Fällen der Exekution und Insolvenz nur zulässig sein soll, wenn eine entsprechende Reduktion des Abfindungsanspruchs für jede Konstellation des freiwilligen und des unfreiwilligen Ausscheidens des Gesellschafters vereinbart wird, geht unseres Erachtens doch zu weit. Richtiger Weise sollte es genügen, wenn neben Exekution und Insolvenz für zumindest einen weiteren vergleichbaren Ausscheidungsfall (zB Selbstkündigung, Ausschluss oder Tod) der Übernahmspreis mindestens im selben Ausmaß gesellschaftsvertraglich reduziert ist.