(Ersatz-)Erwerb vinkulierter Anteile – wer ist für die Entscheidungen der Gesellschaft zuständig?

Vinkulierte Anteile Ersatzerwerber Anteilseignerversammlung Organe Vorstand Hauptversammlung Ersatz-Zustimmung

OGH Entscheidung 6 Ob 108/21g

Ist für die Zustimmung zur Veräußerung von vinkulierten Aktien nach der Satzung die Hauptversammlung zuständig, so bedarf es auch für die Nominierung eines Ersatzerwerbers der entsprechenden Zustimmung der Hauptversammlung.

Ist die Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG, SE) an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden, spricht man von vinkulierten Anteilen (Aktien). Die Zustimmung erteilt bei der AG der Vorstand, sofern die Satzung nichts Anderes bestimmt.

Wird die Zustimmung verweigert, kann sie auf Antrag des verkaufswilligen Aktionärs durch das Gericht ersetzt werden. Selbst wenn das Gericht die Zustimmung ersetzt, kann die gewünschte Übertragung dennoch nicht wirksam stattfinden, wenn die Gesellschaft innerhalb eines Monats dem Aktionär mitteilt, dass sie die Übertragung der Aktie zu den gleichen Bedingungen an einen anderen von ihr bezeichneten (Ersatz-)Erwerber gestattet.

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 6 Ob 108/21g geklärt, welchem Organ einer Aktiengesellschaft bei der Veräußerung von vinkulierten Aktien das Recht zukommt, einen solchen Ersatzerwerber zu benennen.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

- Zwischen 2 veräußerungswilligen Aktionären und einer potentiellen Käuferin wurde ein Aktienkaufvertrag geschlossen. Die Übertragung der Aktien unterlag – gemäß der Satzung der Gesellschaft – der Zustimmung durch die Hauptversammlung der Gesellschaft und wurde daher im Aktienkaufvertrag an die Bedingung eines entsprechenden Genehmigungsbeschlusses – oder einer Ersatzgenehmigung durch das Gericht ohne fristgemäße Nominierung eines Ersatzerwerbers durch die Gesellschaft – geknüpft.

- In der Hauptversammlung der Gesellschaft konnte kein Zustimmungsbeschluss erreicht werden. Daher beantragten die Veräußerer die gerichtliche Gestattung der Übertragung, die letztlich erteilt wurde.

- Die Gesellschaft stellte sich auf den Standpunkt, für die Namhaftmachung des Ersatzerwerbers sei nicht die Hauptversammlung, sondern der Vorstand zuständig, und teilte den Veräußerern den vom Vorstand benannten Ersatzerwerber mit.

- Die Käuferin aus dem ursprünglichen Aktienkaufvertrag klagte auf Feststellung ihrer Aktionärsstellung und entsprechende Eintragung ins Aktienbuch der Gesellschaft.

Der Oberste Gerichtshof gab der Klage statt und begründete dies folgendermaßen:

Ist in der Satzung die Zuständigkeit für die Genehmigung der Übertragung vinkulierter Aktien der Hauptversammlung zugeordnet, dann hat die Hauptversammlung auch die Kompetenz für die Benennung eines Ersatzerwerbers. Die Nominierung durch den Vorstand der Gesellschaft war im gegebenen Fall daher wirkungslos. Wegen Ablaufs der Ein-Monats-Frist kann die Namhaftmachung auch nicht mehr nachgeholt werden.

Im Ergebnis hat die von den Veräußerern vorgesehene Käuferin somit die gegenständlichen Aktien wirksam erworben.