Einstweilige Verfügung bei drohender Syndikatsvertragsverletzung

Syndikatsvertrag Einstweilige Verfügung GmbH Stimmrechtsausübung Generalversammlung Strukturmaßnahme Squeeze-out

6 Ob 211/22d

Der OGH hat in seiner jüngst veröffentlichten Entscheidung 6 Ob 211/22d den Stellenwert eines (omnilateralen) Synidkatsvertrages gestärkt und wichtige Aussagen zur Absicherung gegen eine drohende Verletzung des Syndikatsvertrags getroffen.

Im zugrundeliegende Fall waren eine luxemburgische Gesellschaft mit 99,01% sowie eine österreichische Gesellschaft mit 9,99 % an einer österreichischen GmbH beteiligt. In einem Syndikatsvertrag (Shareholders‘ Agreement, kurz SHA) haben die beiden Gesellschafter unter anderem Zustimmungspflichten für Strukturänderungen und Anteilsübertragungen zugunsten des Minderheitsgesellschafters vorgesehen. Die Mehrheitsgesellschafterin hat in weiterer Folge eine außerordentliche Generalversammlung einberufen, in der über den Ausschluss („Squeeze-out“) der Minderheitsgesellschafterin gemäß § 1 GesAusG abgestimmt werden sollte.

Gegen diesen intendierten Ausschluss richtete sich der Sicherungsantrag der Minderheitsgesellschafterin, der letztlich vor dem OGH recht bekam:

Gemäß dem SHA können Beschlüsse über Umstrukturierungen bzw. Strukturänderungen jedoch nur mit der Zustimmung der Minderheitsgesellschafterin gefasst werden. Demonstrativ wurden hier die Verschmelzung, Spaltung sowie die Veräußerung von wesentlichen Vermögenswerten angeführt – nicht allerdings ein Ausschluss gemäß dem GesAusG. In der Rechtspraxis werden indessen Beschlüsse über den Ausschluss eines Gesellschafters nach dem GesAusG gemeinhin als strukturändernd angesehen. Insofern schadete es nicht, dass der Squeeze-out im SHA nicht explizit angeführt ist, weil die Aufzählung eben lediglich demonstrativer Natur war. Untermauert wurde dies im gegenständlichen Fall dadurch, dass im SHA eindeutig festgehalten worden war, dass die Minderheitsgesellschafterin künftig durch Anteilserwerb Mehrheitsgesellschafterin mit einer Beteiligung von 50,01 % an der Gesellschaft werden sollte. Vor diesem Hintergrund wurde auch in einem Nachtrag zum SHA eine Gewinnverteilung zu gleichen Teilen festgelegt. Ein Squeeze-out der Minderheitsgesellschafterin würde dieses bereits im SHA festgelegte Vorhaben konterkarieren, sodass die Regelung im SHA nur so verstanden werden kann, dass der Minderheitsgesellschafterin nicht ohne ihre Zustimmung ausgeschlossen werden darf.

Ein Beschluss über den Ausschluss nach dem GesAusG zählt somit zu den sogenannten „strukturändernden“ Beschlüssen, sodass ein Verstoß gegen den Syndikatsvertrag drohte, dem mittels vorbeugender Unterlassungsklage begegnetet werden kann. Dieser Unterlassungsanspruch kann durch eine einstweilige Verfügung abgesichert werden.

In der Generalversammlung wurde tatsächlich ein Beschluss über den Squeeze-out gefasst, allerdings unter der aufschiebenden Bedingung der Aufhebung der mittlerweile erlassenen einstweiligen Verfügung.

Im Ergebnis hat der Oberste Gerichtshof somit die Rechtsstellung des Syndikatsvertrages gestärkt, indem er abermals judizierte, dass die Rechtshilfe auf den Syndikatsvertrag gestützt werden kann, und zu diesem Zweck sicherungsweise eine einstweilige Verfügung beantragt werden kann.