OECD Pillar II: Richtlinienentwurf der EU Kommission zur globalen Mindestbesteuerung von 15%

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Dr. Christoph Schimmer, MSc

Dr. Christoph Schimmer, MSc

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Am 22.12.2021 hat die Europäische Kommission der Entwurf einer Richtlinie zur Umsetzung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen in der Europäischen Union (EU) veröffentlicht, die Regelungen vorsieht, wonach Unternehmensgruppen, die in der EU tätig sind mit einem globalen Mindeststeuersatz von 15% besteuert werden.

Der Richtlinienentwurf geht zurück auf die von der OECD erarbeiteten Pillar II Regelungen, welche am 20.12.2021 veröffentlicht wurden. Diese wiederum stellen eine Erweiterung des OECD BEPS Projekts 2015 dar. Gemeinsam mit den OECD Arbeiten unter dem Namen Pillar I, welche eine auf die (Neu)aufteilung von Besteuerungsrechten abzielen, soll mit diesen Initiativen gegen weiterhin bestehende Probleme im Zusammenhang mit BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) vorgegangen werden.

Zuletzt wurde am 14.03.2022 ein Kommentar der OECD zu den GloBE Regelungen mit Anwendungsbeispielen zu den Globe Anti-Base Erosion (GloBE) Regelungen veröffentlicht. Die GloBE-Regelungen sollen nach derzeitigem Stand ab 01.01.2024 in Kraft treten (siehe im Detail weiter unten).

Anwendungsbereich

In den Anwendungsbereich der GloBE-Regelungen sollen Unternehmensgruppen fallen, die in einem EU Mitgliedstaat ansässig oder oberste Konzerngesellschaft sind, oder eine Tochtergesellschaft in einem EU Mitgliedstaat haben den Regelungen unterliegen, wenn in ihren Konzernabschlüssen in mindestens zwei die vier letzten aufeinanderfolgenden Geschäftsjahre ein jährlicher Umsatzerlös von EUR 750 Mio oder mehr ausgewiesen wird. Diese Umsatzschwelle ist bereits auch für die Verpflichtung zum Country-by-country Reporting maßgeblich.

Relevant für die Umsatzschwelle ist dabei der konsolidierte Jahresabschluss der Unternehmensgruppe nach IFRS, einem anerkannten Rechnungslegungsstandard eines EU/EWR Mitgliedstaates oder bestimmter anderer Länder.

Der Richtlinienentwurf folgt weitgehend dem OECD Vorschlag. Anders als der OECD Vorschlag, sieht der Richtlinienentwurf die Anwendung auch aus inländische Unternehmensgruppen mit entsprechendem Umsatz vor.

Nicht in den Anwendungsbereich der Regelungen sollen staatliche Unternehmen, internationale Organisationen, gemeinnützige Organisationen und Pensionsfonds fallen, die an einer Konzernspitze stehen.

Income Inclusion Rule (IIR), Undertaxed Payments Rule (UTPR)

Dier Richtlinienentwurf sieht im Wesentlichen zwei Regelungen vor, die in nationales Recht umzusetzen sind und das Ziel verfolgen, eine globale Mindestbesteuerung von 15% zu erreichen (zusammen die Global anti-Base Erosion Regeln - GloBE):

  • Income Inclusion Rule (IIR)
  • Undertaxed Payments Rule (UTPR)

 

Im Ergebnis wirkt die IIR ähnlich einer Hinzurechnungsbesteuerung und stellt eine zusätzliche Steuer dar (Top-Up Tax), mit der ein Mindestbesteuerungsnvieau von 15% erzielen soll. Anwendung soll die IIR auf Gewinne von Tochtergesellschaften und Betriebsstätten (Constitutent Entities) finden, wenn die oberste Muttergesellschaft (Ultimate Parent Entity) in einem EU Mitgliedstaat ansässig ist bzw in bestimmten Konstellationen auch auf zwischengeschaltete Muttergesellschaften (Intermdiate Partent Entity) oder in Teileigentum stehende Muttergesellschaften (Partially-Owned Parent Entity) innerhalb der EU, wenn die oberste Muttergesellschaft in einem Drittstaat ansässig ist. Nach der IIR hat der Ansässigkeitsstaat die Top-Up Tax (vereinfacht dargestellt die Differenz zwischen der effektiven Steuerbelastung und dem Mindeststeuersatz von 15%) auf die Einkünfte der ausländischen Tochterunternehmen (Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten) auf Ebene der jeweiligen Muttergesellschaft zu erheben, wenn diese einer effektiven Steuerbelastung von weniger als 15% unterliegen.

Sekundär zur IIR soll durch Anwendung der UTPR das Mindeststeuerniveau sichergestellt werden. Diese kommt zur Anwendung, wenn nicht durch Anwendung der IIR eine Mindestbesteuerung von 15% erreicht wird, zB weil die oberste Muttergesellschaft in einer Jurisdiktion ansässig ist, die die IIR nicht umgesetzt hat (insbesondere Drittstaat). Nach der UTPR wird die Top-Up Tax in den Ansässigkeitsstaaten der Tochterunternehmen (Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten) erhoben, wobei die Verteilung auf Grundlage eines bestimmten Schlüssels erfolgt. Relevant sind dafür insbesondere die Zahl der Arbeitnehmer und die Buchwerte der körperlichen Wirtschaftsgüter).

Im OECD Vorschlag werden die IIR und die UTPR durch eine subject to tax rule (STTR) ergänzt. Die STTR ist eine Regelung eines DBA-Artikels, der dem Quellenstaat erweiterte Besteuerungsrechte für bestimmte Zahlungen einräumt die im Staat des Empfängers nicht besteuert werden. Der Richtlinienentwurf enthält zur STTR keine Vorgaben, da diese von den EU Mitgliedstaaten in ihren jeweiligen DBA zu integrieren sind.

Ermittlung der Top-Up Tax

Für die sogenannten Constituent Entities (Gesellschaften und Betriebsstätten) einer in den Anwendungsbereich fallenden Unternehmensgruppe sind jeweils die Bemessungsgrundlage (das Qualifying Income) sowie die auf das ermittelte Einkommen entfallenen Steuern (Covered Taxes) zu ermitteln:

  • Die Ermittlung des Qualifying Income erfolgt auf Grundlage des Rechnungslegungsstandards der obersten Muttergesellschaft (siehe schon oben) und ist nach den Vorgaben des Richtlinienentwurfs anzupassen (zB Kürzung bestimmter Dividendeneinkünfte, Neutralisierung bestimmter nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben). Die Einkommensermittlung gilt grundsätzlich auch für Betriebsstätten, für transparente Personengesellschaften gelten Sonderregelungen.
  • Die Covered Taxes ermitteln sich auf Grundlage eines im Richtlinienentwurf vorgesehenen Kataloges an Steuerarten, die zu erfassen sind. Bei diesen sind wiederum rechnerische Anpassungen vorzunehmen (zB betreffend latente Steuern), woraus im Ergebnis die Adjusted Covered Taxes resultieren.

 

Der effektive Steuersatz (Effective Tax Rate) ermittelt sich folglich durch Division der Adjusted Covered Taxes mit dem Qualifying Income. Die Top-Up Tax ermittelt sich aus der Differenz zwischen effektiven Mindeststeuersatz (15%) und dem effektiven Steuersatz des jeweiligen Ansässigkeitstaates. Freizustellen sind substanzbezogene Einkünfte (substance based income exclusion). Zu diesem Zweck ist für operativ tätige Unternehmen ein an Lohnkosten und materiellen Wirtschaftsgütern bemessener Freibetrag abzuziehen.

Die Top-Up Tax ist dann im Rahmen der IIR auf Ebene der obersten Muttergesellschaft (Ultimate Parent Entity, Intermediate Parent Entity bzw Partially-Owned Parent Entity) oder – subsidiär – im Rahmen der UTPR auf Ebene der Constituent Entities zu erheben.

Der Richtlinienentwurf enthält eine Ausnahme für Staaten, in denen die erfassten Unternehmensgruppen weniger als EUR 10 Millionen Umsatz und weniger als EUR 1 Million Gewinn erwirtschaften.

Sonderregelungen

Neben den genannten Regelungen sieht der Richtlinienentwurf unter anderem Sonderregelungen im Zusammenhang mit Verschmelzungen, Übernahmen, Joint Ventures und multinationalen Unternehmensgruppen mit mehreren Muttergesellschaften vor, sowie besondere Regelungen für Steuerneutralität und Ausschüttungssysteme.

Substance to Tax Rule

Pillar II sieht neben der IIR und der UTPR auch eine DBA-Klausel vor (sogenannte Substance to Tax Rule – STTR). Nach dieser werden dem Quellenstaat erweiterte Besteuerungsrechte eingeräumt. Der Richtlinienentwurf enthält dazu keine Regelungen. Die STTR wird von den Staaten im jeweiligen DBA umzusetzen sein.

Ausblick

Der Richtlinienentwurf ist von den EU Mitgliedstaaten einstimmig zu beschließen. Der Entwurf sieht grundsätzlich vor, dass sich die EU Mitgliedstaaten verpflichten, die Richtlinie bis 31.12.2022 in nationales Recht umzusetzen und ab 01.01.2021 in Kraft treten zu lassen. Im März 2022 hat der ECOFIN entschieden, den EU Mitgliedstaaten bis 31.12.2023 Zeit zu geben, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. EU Mitgliedstaaten, in denen nicht mehr als 20 Konzernzentralen ansässig sind, sollen die Möglichkeit, die Regelung im Zeitraum von 31.12.2023 bis 31.12.2025 nicht anzuwenden.

Aufgrund der komplexen Regelungen und den bedeutenden Auswirkungen ist es für multinationale Konzerne empfehlenswert, sich möglichst früh mit den GloBE-Regelungen auseinander zu setzen und eine Analyse der einzelnen Jurisdiktionen und einzubeziehenden Tochtergesellschaften und Betriebsstätten vorzunehmen. Gerne unterstützen wir Sie dabei.