Beschluss oder nicht? Der OGH zur Rolle der Eigentümergemeinschaft

Autor

Mark Krenn, Partner

Mit einer aktuellen Entscheidung vom 16. März 2025 (OGH 5 Ob 219/24b) stellt der Oberste Gerichtshof klar, dass nicht jede Handlung einzelner Wohnungseigentümer automatisch als Beschluss der Eigentümergemeinschaft zu werten ist. Entscheidend ist die Frage: Liegt eine kollektive Willensbildung vor oder handelt es sich nur um eine private Vereinbarung ohne Wirkung für die Gemeinschaft?

Ausgangspunkt des Verfahrens waren zwei sogenannte Beschlüsse, gegen die eine Wohnungseigentümerin gerichtlich vorging. Im ersten Fall, aus dem Jahr 1995, hatten anwesende Wohnungseigentümer den damaligen Verwalter dazu ermächtigt, ein angrenzendes Grundstück im eigenen Namen zu kaufen. Die Transaktion wurde also nicht im Namen der Eigentümergemeinschaft durchgeführt.

Im zweiten Fall ging es um einen Beschluss aus dem Jahr 2014. Dieser ermächtigte die Hausverwaltung, für die Eigentümergemeinschaft einen Pachtvertrag über einen Teil eines Nachbargrundstücks abzuschließen. Dieser Teil wurde von den Eigentümern als Parkplatz genutzt, und unter dem Grundstück verliefen wichtige Leitungen der Wohnhausanlage.

Die Antragstellerin beantragte die Aufhebung beider Beschlüsse. Das Erstgericht und das Rekursgericht wiesen die Anträge zurück, der OGH bestätigte diese Entscheidungen.

Die Begründung des OGH ist deutlich: Im ersten Fall lag gar kein wirksamer Beschluss der Eigentümergemeinschaft vor. Die Ermächtigung einzelner Eigentümer, eine Liegenschaft im eigenen Namen zu erwerben, ist eine private Angelegenheit ohne rechtliche Wirkung für die Gemeinschaft. Da es an einer gemeinschaftlichen Entscheidung fehlte, gibt es auch keinen Beschluss, der angefochten werden könnte.

Im zweiten Fall hingegen lag ein echter Beschluss vor. Der Abschluss des Pachtvertrags lag im klaren Interesse der Gemeinschaft. Hätte der Vertrag nicht zustande kommen können, wären erhebliche Nachteile entstanden – etwa durch die Entfernung der unterirdischen Leitungen oder den Verlust von Parkplätzen. Der OGH ordnete diese Maßnahme der ordentlichen Verwaltung zu. Solche Beschlüsse sind innerhalb der vorgesehenen Fristen anfechtbar – eine unbefristete Anfechtung kommt jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in Betracht.

Fazit:Ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft setzt eine klare kollektive Willensbildung voraus. Private Absprachen einzelner Wohnungseigentümer entfalten keine Wirkung für die Gemeinschaft. Verwaltungsmaßnahmen, die im Interesse aller liegen, sind zulässig, aber nur innerhalb der gesetzlichen Fristen angreifbar.